Aktives, konstruktives und interaktives Lernen fördern: Tools für Online-Unterricht:

Welche Tools eigenen sich für Online-Unterricht? Wie können Lehr-Lernprozesse in digital gestützten Lernsettings geplant und durchgeführt werden?

Einleitung

Inhalt

Einleitung

Der Ausfall von Präsenzunterricht durch die Corona-Krise lässt die Schulen erstmals seit langer Zeit vor der großen Herausforderung stehen, kurzfristig und praktisch unvorbereitet Fernunterricht organisieren zu müssen. In der Kürze der Zeit entstanden gerade in der Blog- und Twitter-Community zahlreiche Ideen und bereits in die Schulpraxis umgesetzte Vorschläge. Herausforderungen und Chancen sollten bedacht werden, wie auch der Schweizer Lehrer Dominik Kohler betont:

«Wir suchen also nicht nach Lösungen, wie wir 2 oder 3 Wochen überbrücken können. Denn dann könnten wir unsere SuS auch im «Ferienmodus» lassen. Wir müssen ein Lernkonzept für mindestens 3 – 4 Monate entwickeln. Wir müssen den SuS, welche nun durch schulfrei gewordene Zeit plötzlich viel mehr Freizeit haben, in ihrer Freizeit einen Freiraum zum Lernen bieten. Wir müssen kompetenzorientierte, selbstwirksame und strukturierte Lernsettings anbieten, welche ein hohes Mass an individuelle Verarbeitung zulassen. In der Umsetzung des Lernsettings sind die SuS zwingend mit einzubeziehen, denn die häuslichen Voraussetzungen sind sehr heterogen. Dazu können ergänzende, dem Schulstoff naheliegende Arbeiten angeboten werden, um dem Wissensdurst und Lernhunger einzelner SuS Rechnung zu tragen. Und ja, stehen wir dazu: Es entsteht ein Bildungsknick. Und auch dieses Lernangebot schafft Chancenungleichheit, aber das ist auch bei der Beschulung nicht anders.»

Dominik Kohler, in: www.appiness.ch/blog/gedanken-zum-fernunterricht [17.03.2020]

Doch die zunehmende Digitalisierung in Schulen, die zahlreichen Fortbildungs- und Schulentwicklungsinitiativen der letzten Jahren ermöglichen neue Unterrichtsansätze, Planungsoptionen und Tools für die weitere Lernbegleitung von Schüler*innen – auch außerhalb des ansonsten üblichen Präsenzunterrichtes.

Schulschließungen und Online-Unterricht

Prinzipiell ist ein webbasierter Unterricht schon jetzt relativ einfach in Eigeninitiative umsetzbar, sofern Schulen bereits Digitalkonzepte eingeführt und ihre Kollegien fortgebildet haben.

Dabei muss (und sollte!) keineswegs auf hochkomplexen, den früheren Präsenzunterricht 1:1 abbildenden Online-Unterricht gesetzt werden. Lehrkräfte könnten aus verschiedensten (analogen und digitalen) Ansätzen auswählen und je nach schulischen Bedingungen und Lerngruppen Möglichkeiten zum Weiterlernen schaffen:

  • Ohne weitere Materialien und Unterrichtsansätze lediglich einige Themen und offenere Fragestellungen nennen, die zuhause bearbeitet werden könnten,
  • mit vollständig analogen Lernsettings (Wochenpläne, Kopien, …),
  • mit gemischt analog-digitalen Lernsettings (Lernmaterialien bspw. auf dem Schulserver, Bearbeitung zuhause, kein weiterer Vergleich und Austausch, Musterlösungen zum Vergleichen),
  • mit vollständig digitalen Lehr-Lernsettings (Erklärvideos, Online-Live-Tutoring, Einzelgespräche über Videochat-Plattform, digitale Lernmaterialien auf dem Schulserver oder im Internet, Austausch und Diskussion über kollaborative Tools)

Fernunterricht zu organisieren und Lernen zu Hause zu fördern, ist für alle eine neue Situation, die große Herausforderungen und Belastungen mit sich bringt. Sie eröffnet für Lehrpersonen und Schulen aber auch Chancen, neue Möglichkeiten des Unterrichtens und Lernens auf Distanz zu erproben und je nach Interesse und Vorkenntnis weiterzuentwickeln.

Wie ein online basierter Unterricht unter Nutzung aller digitalen Möglichkeiten exemplarisch aussehen könnte, soll im Folgenden skizziert und anhand häufig genutzter und in der Schulpraxis bewährter Anwendungen konkretisiert werden. Das bedeutet aber auch, dass Fernunterricht keinesfalls so gestaltet werden müsste. Guter Unterricht nutzt immer analoge und digitale Medien, das gilt für Präsenzunterricht ohnehin, aber auch -und gerade – für Fernunterricht! Insofern meinen wir mit «online-Unterricht» keineswegs einen vollumfänglich digitalisierten Unterricht! Setzen Sie digitale Tools sparsam und gezielt ein. Wählen Sie wenige Tools für digital gestütztes Lernen und schaffen Sie mit diesen vielfältige und motivierende Lernangebote. Jede Lehrperson, jede Schule kann die hier beschriebenen Bausteine und nutzen, um eigene Schlüsse zu ziehen und Konzepte zu entwickeln.

Die Corona-Krise zwingt alle Beteiligten, mit neuen Formen des Lehrens und Lernens zu experimentieren. Für Schulen gilt es, zusammen mit den Lernenden, den Eltern und den Lehrpersonen herauszufinden, wie das Lernen trotz Corona gefördert werden kann. Im Evaluationscenter von IQES online stehen Ihnen Fragebogen zur Verfügung, um Fernunterricht zu evaluieren und Feedbacks von Lehrpersonen, Eltern und Schüler/innen einzuholen.

Fragebogen zum Fernunterricht: Instrumente für Lehrpersonen-, Eltern- und Schüler/innen-Befragung

Online-Unterricht – für viele Schulen im eigenen Tempo möglich

Natürlich zeigt schon die Vielfalt der auf der folgenden Seiten beschriebenen Tools ein großes Problem der bisherigen Digitalisierung: Dass viele Schulen trotz umfassender Konzepte häufig über keine integrierte Lösung für Online-Unterricht (cloudbasierte Lernmanagementsysteme/LMS) verfügen, engagierte Lehrpersonen häufig selbst neue Konzepte entwickeln und damit zumeist dezentrale Lösungen mit großer App-Vielfalt den digitalen Unterricht charakterisieren. Das macht die Nutzung für unterschiedlich medienkompetente Kollegien schwieriger, bietet aber auch eine gewisse Chance: Die kurzfristige Anpassung an außergewöhnliche Situationen mit passenden Lösungen.

Gerade digital engagierte Lehrkräfte sind diese Verhältnisse zudem seit Jahren gewohnt und nutzen neue Herausforderungen für die Gestaltung eigener Ansätze. Die Krise als Chance?

Schulen, die schon länger aktiv die digitale Transformation mitgestalten und Kapazitäten für Fortbildungen genutzt haben, sind in einer solchen Krisensituation sicherlich im Vorteil. Wie in diesem Beitrag gezeigt wird, könnte auf Basis einer guten Infrastruktur (auch ohne 1:1-Tablets) mit einem interessierten Kollegium der Unterricht recht schnell auf Online-Zusammenarbeit umgestellt werden. Das bedingt aber ein so überlegtes wie niedrigschwelliges Gesamtkonzept, dass allen Kolleg*innen den Einstieg auf ihrem eigenen Niveau und im eigenen Tempo ermöglicht.

Das ICAP-Modell kann gerade weniger erfahrenen Lehrkräften dabei helfen, eine grundlegende Systematik in die eigenen Planungen zu bringen und sich über die Möglichkeiten und Grenzen von Online-Unterricht klar zu werden. Natürlich bietet sich gerade ein systematisch geplanter Online-Unterricht für Kooperation mit Kolleginnen und Kollegen an, um arbeitsteilig Themen vorzubereiten und neue Ideen zu entwickeln.

Was besonders wichtig ist:

  • Die neue und krisenhafte Situation bedeutet dafür im Gegenteil die Chance, gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen und den Schüler*innen neue Möglichkeiten digital gestützter Unterrichtsformen auszuprobieren und mitzugestalten. Freiwilligkeit und Interesse auf beiden Seiten vorausgesetzt, können interessante Konzepte entstehen.
  • Es ist davon auszugehen, dass viele der in diesen Wochen und Monaten entstehenden Formen der digital basierten Zusammenarbeit auch nach der Krise nicht verschwinden, sondern vielmehr neue Arbeitsweisen begründen werden. Das mag für manche Kolleg*innen bedrohlich (fixed mindset) wirken, andere sehen darin eine große Chance (growth mindset) (Mindset: lernfreundliche Haltungen entwickeln). Entscheidend wird sein, diesen Wandel gemeinsam zu gestalten und alle Kolleg*innen dafür zu gewinnen.