Schritte zu einer formativen Bewertungskultur:

Was können Schulen tun, um eine gemeinsam getragene Feedbackkultur zu entwickeln? Welche Schritte bewähren sich, um eine lebendige, im Unterrichtsalltag verankerte Praxis des fördernden Feedbacks aufzubauen?

von

Gerold Brägger

Gerold Brägger, M.A., ist Leiter und Gründer der Plattform IQES online und des Beratungs- und Weiterbildungsinstituts schulentwicklung.ch. Er ist Erziehungswissenschaftler, Schulberater, Lehrerbildner, Autor von pädagogischen Fachbüchern und Lernmitteln sowie Redaktionsmitglied der Fachzeitschrift PÄDAGOGIK.

Arbeitsschwerpunkte: Schul- und Unterrichtsentwicklung, Evaluation, Digitale Medien in Schule und Unterricht, kompetenzorientierter Unterricht und selbstkompetentes Lernen, Schulleitung, Gute gesunde Schulen, Schulentwicklung in Netzwerken und Bildungsregionen.

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Web: www.IQESonline.net | www.schulentwicklung.ch

Publikationen von Gerold Brägger im Beltz Verlag

und

Nicole Steiner

Nicole Steiner, MA, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin, Autorin und Redaktorin IQES online und IQES Lernkompass, Mitglied Beratungsteam schulentwicklung.ch, Pädagogin, Psychologin, Illustratorin und Theaterpädagogin. Als Primarlehrerin hat sie langjährige Praxiserfahrung, vorwiegend an Schulen mit integrativer Schulungsform. Sie erstellt und betreut Konzepte für Lese- und Schreibförderung, Feedback und Begabtenförderung. Web: www.IQESonline.net | www.schulentwicklung.ch

Feedbackkultur ist Vertrauenskultur

Eine Feedbackkultur, in der Werte gegenseitiger Unterstützung und persönlicher Verantwortungsübernahme geschätzt werden, lebt von einer »wertschätzenden« Grundhaltung in der Gestaltung der Beziehungen.

Denn pädagogische Kompetenz zeigt sich nicht nur im Wissen und Können, sondern vor allem in der Haltung und Denkweise. Diese stärkenorientierte Vertrauenskultur ist einerseits die Basis, um in der eigenen Klasse oder im Unterrichtsteam eine nachhaltige und lernförderliche Feedbackkultur aufzubauen und ebenso, um sich als Team auf den Weg zu einer gemeinsamen Feedbackkultur zu machen, die alle am Lernen beteiligten Personen miteinbezieht.

Dabei sind kleine, angepasste und achtsame einzelne Schritte zu einer formativen Feedbackkultur auf allen Handlungsebenen oft von nachhaltigerer und tieferer Qualität.

Das Lernen aus verschiedenen Perspektiven verstehen

Eine wirkungsvolle formative Bewertung setzt verschiedene Feedbackformen miteinander in Beziehung und ermöglicht dadurch eine breit abgestützte Rückmeldung aus verschiedenen Perspektiven.
  • Selbstreflexives Lernen: über Selbstwahrnehmung zu Selbstreflexion, Selbsteinschätzung und Selbstbewertung
  • Peerfeedback
  • Formatives Feedback durch die Lehrperson
  • Feedback der Lernenden zum Unterricht der Lehrperson
  • Kollegialfeedback und Unterrichtsevaluationen
Schulen, die förderndes Feedback als gemeinsame getragene Praxis fest etablieren wollen, verknüpfen die verschiedenen Feedbackformen zu einem stimmigen Ganzen
Brägger (2017): Sieben auf einen Streich. Evaluation für Schulentwicklung nutzen. In: PÄDAGOGIK H. 5/2017

In der Klasse, im (Unterrichts-)Team, in der Schule: der Weg ist das Ziel!

Wie baue ich eine stärkenorientierte und lernwirksame Feedbackkultur innerhalb meiner Klasse auf?

Wie entwickeln wir eine Feedbackkultur in unserem (Unterrichts-)Team und unserer gesamten Schule?

Das Mosaik der formativen Bewertung macht die verschiedenen Merkmale in einzelnen Bausteinen sichtbar.

Diese bieten Orientierung für die Entwicklung einer Feedbackkultur auf allen Handlungsebenen.

Dabei bildet die Haltung und Denkweise, das persönliche Mindset der beteiligten Personen wiederum überall die eigentliche Grundlage, die fortwährend gepflegt, reflektiert und vertieft werden soll!

Einzelarbeit in der eigenen Klasse als Basis: Individuelle Schritte in Richtung Feedbackkultur

Eine Klassengemeinschaft bilden und stärken

Erproben
Unterschiedliche Möglichkeiten kennenlernen, anwenden, verändern, anpassen

Reflektieren und Auswerten
Für mich selbst, mit den Lernenden, in kollegialer Hospitation

  • Was gelingt? Womit habe ich gute Erfahrungen gemacht?
  • Was noch nicht? Herausforderungen? Stolpersteine?
  • Fragen? Ideen für persönliche Entwicklungsschritte?


Als Lehrer:in selbst Feedback praktizieren
»Erfolgreich unterrichten bedeutet: vorleben, was man selbst vermitteln will. Andere haben wenig Anlass, das zu tun, was wir predigen, wenn wir es selbst nicht praktizieren. Oder in den Worten des bekannten Familientherapeuten Jesper Juul: »Kinder machen nicht das, was wir sagen, sondern das, was wir tun« (2019). Wenn Lehrpersonen im Unterricht selbst eine selbstreflexive und feedbackorientierte Praxis pflegen, können die Schüler:innen am Modell erfahren, wie man Feedback gibt und umsetzt. Lehrpersonen, die zeigen, wie man Feedback gibt und umsetzt, werden Vorbilder für eine lernförderliche Feedbackpraxis. Durch die kommunikative Art und Weise, in der die Lehrperson lernförderliches Feedback gibt, modelliert sie vor den Lernenden, wie konkretes und positiv bestärkendes Feedback aussieht. Sie bietet damit den Schüler:innen ein Lerngerüst (Scaffolding), an dem sich diese auch beim eigenen Feedbackgeben an Mitschüler:innen (Peerfeedback) orientieren können.

Die für Lehrer:innen vermutlich wichtigste Entlastungsperspektive liegt darin, Feedback reziprok anzulegen und selbst in eigener Sache Feedback zu praktizieren. Im wechselseitigen Feedback fragen Lehrpersonen ihre Schüler:innen, wie sie den Unterricht wahrnehmen, welche Aufgaben für sie motivierend, welche Verhaltensweisen unterstützend und welche Unterrichtsformen anregend und lernförderlich sind. Und sie geben Gelegenheit, auch Dinge anzusprechen, die verbesserungsbedürftig sind. Wenn Schüler:innen von ihren Lehrpersonen dabei unterstützt werden, einander selbst förderliches Peerfeedback zu geben und (zunächst einfachere und dann immer anspruchsvollere) Coaching- Aufgaben zu übernehmen, schließt sich der Kreis: Eine feedbackorientierte Lernbegleitung durch die Lehrperson fördert die Kompetenz zu Selbstreflexion und Peerfeedback bei den Schüler:innen. Und damit steigt die Fähigkeit zum selbstregulierten Lernen in offenen Lernumgebungen.«

aus: Brägger, Gerold (2022):  Lernförderliches Feedback. In: PÄDAGOGIK H. 9/ 2022

Weiterlesen

Teamentwicklung als pädagogischer Doppeldecker

Teamentwicklung

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formativ_Baustein_1

Gemeinsames Verständnis aufbauen: Beispiel Kompetenzorientierung

Unterrichtshospitationen für kollegiales (Feedback-)Lernen

Austausch und Kooperation im Team: Gemeinsame Schritte in Richtung Feedbackkultur

Entlang der Mosaikbausteine

Austausch

Was gelingt? Womit habe ich gute Erfahrungen gemacht
Was noch nicht? Herausforderungen? Stolpersteine?
Rückfragen, Sammlung
Rat und Unterstützung suchen und anbieten
Teammitglieder lernen von- und miteinander

Arbeitsteilige Kooperation

Arbeitsteilig gemeinsame Werkzeuge und Instrumente entwickelN
Einander zur Verfügung stellen
Individuell erproben und auswerten, …

Ko-Konstruktion und Ko-Kreation

Gemeinsam unterrichten und offene Lernumgebungen planen
Gemeinsam weiterentwickeln
Ko-Kreation von Lehrpersonen und Lernenden
Verankerung und erste Vereinbarungen

Phasen der kooperativen Schul- und Unterrichtsentwicklung

Entwickeln Sie Konzepte schrittweise, wobei die Theorie der Praxis folgt. Orientieren Sie sich am Motto »Wir diskutieren nicht nur, wir probieren es aus und reflektieren die gemachten Erfahrungen«. Mit dieser Haltung können Aufgaben und Entwicklungsarbeiten konkret angegangen und ausgewertet werden. Erprobte Elemente zum Aufbau einer schulischen Feedbackkultur, zur Entwicklung personalisierter Lernformen oder zur kompetenzorientierten Beurteilung können dann als Konzeptbausteine verwendet und im Schulprogramm verankert werden.

Phasenmodell der Schul- und Unterrichtsentwicklung

Autor/Autorin: Gerold Brägger

Umfang/Länge: 3 Seiten

Fächer: alle Fächer

Stufen: alle Stufen

Das Curriculum: Feedbackkultur als Aufgabe der gesamten Schule:

Wir wissen mittlerweile um die Wirksamkeit von formativer Bewertung für das Lernen und die persönliche Entwicklung von Schülerinnen und Schülern. Noch zu oft bleibt aber eine gemeinsame Praxis innerhalb der gesamten Schule auf der Strecke. Aber genau in dieser Gemeinsamkeit, in einem curricularen Methodenaufbau liegt auch die Nachhaltigkeit und Verarbeitungstiefe, liegt das Potential einer klassenübergreifenden, gelebten Feedbackkultur.

Ein (Methoden- und Kompetenzen-) Curriculum hält Vereinbarungen fest, wie, womit, wie oft in den einzelnen Jahrgangsstufen an einer gemeinsamen Feedbackkultur gearbeitet wird. Dabei hat es sich bewährt, wenn in einer

1. Phase einzelne Methoden und Werkzeuge erprobt und evaluiert werden, anschließend in einer

2. Phase in Unterrichts- und/ oder Fachteams ein intensiver Austausch dazu stattfindet, gemeinsam ausgewählt wird und dann in einer

3. Phase Vereinbarungen getroffen, mit welchen Methoden welche Feedback- und Selbstbeurteilungskompetenzen der Schüler:innen gefördert werden sollen.

Weitere Beispiele

Das Methodencurriculum als Baustein des Schulcurriculums

Eine Entwicklungsaufgabe für das gesamte Kollegium

Die voranstehenden Beiträge ermöglichen die Erarbeitung von Methodenkompetenzen in einzelnen Lerngruppen. Einfacher und anspruchsvoller ist es, wenn die Entwicklung von fachübergreifenden Basiskompetenzen als Gemeinschaftsaufgabe verstanden wird. Deshalb fragt der abschließende Beitrag: Welche Verabredungen müssen getroffen werden? Wie kommen die Fächer ins Spiel? Welche Schritte führen zu einem Methodencurriculum?

Autor/Autorin: Marie-Joan Föh, Peter Mende

Herkunft: PÄDAGOGIK 3/15, lizensiert für IQES online © Verlagsgruppe Beltz

Umfang/Länge: 5 Seiten

Fächer: alle Fächer

Stufen: alle Stufen

Ein Methodenkonzept für das Gymnasium entwickeln

Einblicke in einen Schulentwicklungsprozess

Die verbindliche Einführung von überfachlichen Lern- und Arbeitsmethoden erfordert viel Koordination im Kollegium. Viele Schulen entwickeln dazu ein Methodencurriculum. Doch oftmals steht dieses nur auf dem Papier und erreicht nicht den Unterrichtsalltag. Wie muss ein solches Konzept aussehen, damit es auch tatsächlich gelebt wird? Welche Maßnahmen sind geeignet, um Verbindlichkeit zu erreichen?

Autor/Autorin: Sandra Feuge

Herkunft: PÄDAGOGIK 9/18, lizensiert für IQES online © Verlagsgruppe Beltz

Umfang/Länge: 5 Seiten

Fächer: alle Fächer

Stufen: alle Stufen

Lernen mit Methode

Ein Methodencurriculum stimuliert die Unterrichtsentwicklung

Methodenlernen hat Konjunktur. Immer mehr Schulen entwickeln ein Methodencurriculum und vereinbaren darin, welche überfachlichen Lern- und Arbeitsmethoden sie wann einführen wollen. Doch es besteht die Gefahr, dass diese Arbeit schnell im Alltag versickert. Warum ist dies so? Und wie lässt sich dies vermeiden? Was ist bei der Einführung eines solchen Curriculums zu beachten?

Autor/Autorin: Jochen Schnack

Herkunft: PÄDAGOGIK 9/18, lizensiert für IQES online © Verlagsgruppe Beltz

Umfang/Länge: 4 Seiten

Fächer: alle Fächer

Stufen: alle Stufen