Auseinandersetzung und Verstehen fördern:
Das Ziel heisst: Verstehen. Aus etwas Fremdem etwas Eigenes machen. Einer Spur folgen und konstruktiv mit Widerständen umgehen. Lernnachweise auf individuellem Herausforderungsniveau sind das Ergebnis eigener Zielformulierungen.Verstehen durch Verarbeitungstiefe
Lernen zielt darauf ab zu verstehen. Das heisst: Es geht nicht darum, etwas zu «behandeln». Es geht darum, sich – durchaus auch lustbetont – damit auseinander zu setzen. Es geht nicht darum, Antworten zu geben. Es geht zuerst und vor allem darum, Fragen zu stellen. Daran – am Verstehen und am entsprechenden Umgang mit Widerständen – müssen Lernende Freude entwickeln. Fragen nachzugehen heisst einer Spur folgen. Das – eben einer Spur folgen – entspricht ja auch der etymologischen Bedeutung des Wortes «lernen». Wer neugierig ist, wer Fragen stellt – sich oder anderen – will etwas wissen und verstehen.
Mit anderen Worten: Es entsteht eine Art inneres Auftragsverhältnis. Der Auftrag nämlich, etwas einer Klärung zuzuführen. Lernen passiert nicht durch wiederholte Eingabe, sondern durch entsprechendes Handeln. Verstehen entwickelt und zeigt sich im Tun, in tätiger Auseinandersetzung. Je intensiver und je häufiger, desto tiefer wird die Gebrauchsspur im Gehirn, die sich dabei bildet. Je tiefer die Verarbeitung von Inhalten ist, je mehr im Unterricht schüleraktivierende Lernformen eingesetzt werden, desto nachhaltiger werden Lernergebnisse verankert
Die Rolle der Emotionen
«Nichts macht so zufrieden wie das Gefühl, ein Problem gelöst oder etwas begriffen zu haben.» (Heiko Ernst). Das beglückende Gefühl, etwas verstanden zu haben, ist ein hochgradig emotionales Erlebnis. Lernende müssen folglich die Erfahrung machen, dass aktives Verstehen-Wollen gewinnbringend ist. Wer versteht, hat aus etwas Fremdem etwas Eigenes gemacht. Das ist ein gutes Gefühl. Und deshalb sollten Lernende dieses gute Gefühl, etwas wirklich verstanden zu haben, immer und immer wieder erleben.
Denn Emotionen spielen beim Lernen eine wichtige Rolle, ebenso der Umgang mit negativen Emotionen. Dies geschieht nicht zufällig, sondern wird über komplexe physiologische und neurobiologische Prozesse gesteuert. Verstehen lohnt sich also. Mehr noch: es belohnt sich. Denn die Erfahrung, etwas verstanden zu haben, tut gut. Und jede emotionale Bewertung löst biochemische Vorgänge im Gehirn aus: Positive Emotionen stimulieren zum Beispiel das so genannte Dopaminsystem, das Motivation und Belohnungseffekte steuert. Je häufiger positive Lernerfahrungen gemacht werden, umso geringer wird der Widerstand der Leitungen zwischen den Neuronen und umso leichter wird die Erregungsenergie weitergeleitet. Lernen legt Gebrauchsspuren ins Gehirn. Die Wege entstehen quasi durchs Gehen. Oder eben: durchs Verstehen.
Gewusst wie
Lernen, verstehen, sich auseinandersetzen, Gebrauchsspuren bilden, das ist an Aktivitäten gebunden. Nicht die Frage nach dem Was steht dabei allein im Vordergrund, sondern die Frage nach dem Wie. Der Gewusst-wie-Faktor entscheidet über Erfolg oder Misserfolg (Lernen lernen). Erfolgreich erfahren zu haben, wie etwas geht, gibt Sicherheit und Vertrauen. Und das wiederum sind entscheidende Voraussetzungen, um sich neugierig ins Halbdunkel des Lernens zu begeben. Aus der Könnenserfahrung, der Erfahrung also des Gewusst-wie, entwickelt sich der Glaube an die eigenen Fähigkeiten.
Diese Überzeugungen von der eigenen Wirksamkeit bestimmen massgeblich, wie neugierig wir in die Welt schauen, welche Herausforderungen wir annehmen und wie wir an die Dinge herangehen. Denn der Glaube an die eigenen Fähigkeiten setzt die Widerstandsressourcen frei, die es braucht, um sich mit Dingen auseinander zu setzen. Als Werkzeuge, die den Lernenden helfen, ihre Arbeit zu planen und ihr Lernen zu reflektieren, haben sich in Schulen bewährt: Layout, Wochenschwerpunkt und Werkschau; Lernjournale und Lerntagebücher; Lesestrategie-Karten u.a.m.
Lernnachweise und intelligente Lernaufgaben
Ziel schulischen Arbeitens sind Lernnachweise. Sich selber und anderen durch aktives Tun den Nachweis erbringen, etwas verstanden, aus etwas Fremdem etwas Eigenes gemacht zu haben. Das Gegenteil davon wären Erledigungsnachweise: die Aufgaben «erledigt» und die Dinge «gehabt» zu haben.
Lernnachweise zeigen sich in Aktivitäten. Wer Französisch-Vokabeln gelernt hat, kann etwas tun mit ihnen. Er kann sie in Handlungen transformieren. Der Begriff ist keineswegs neu: «Der Schüler soll nicht nur über die Worte, sondern vor allem über den Sinn und Inhalt dessen, was er gelernt hat, Auskunft geben können; der Nutzen, den er davon gehabt hat, soll sich nicht
im Gedächtnis, sondern bei der Anwendung im Leben zeigen; der Inhalt der neuen Unterweisung muss sich auf hundertfache Weise ausdrücken lassen, er muss sich auf verschiedene Objekte anwenden lassen; dann erst kann der Lehrer sehen, ob der Schüler das Wesentliche wirklich erfasst und sich zu eigen gemacht hat.»
Die Art und Weise, wie Lernaufgaben und Aufträge gestaltet werden, hat einen starken Einfluss auf die Nachhaltigkeit von Lernergebnissen und das Lernverhalten der Schülerinnen und Schüler. Deshalb ist es für Lehrpersonen und Unterrichtsteams ein lohnenswertes Unterfangen, gerade hier einen starken Akzent in der Zusammenarbeit zu setzen.
Downloads: Texte
Lehrer und Psychologe, langjähriger Leiter des Instituts Beatenberg und Autor zahlreicher Publikationen über das Lernen (1950-2018)
Lehrer und Psychologe, langjähriger Leiter des Instituts Beatenberg und Autor zahlreicher Publikationen über das Lernen (1950-2018)
Lehrer und Psychologe, langjähriger Leiter des Instituts Beatenberg und Autor zahlreicher Publikationen über das Lernen (1950-2018)
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