Radiosendungen mit Jugendlichen:

Recherchearbeit, Beitragsgestaltung und Radiomusik, aber auch Moderationstricks und eine Einführung in die Sendetechnik stehen im Fokus dieses gemeinsamen Projekts für Radioliebhaber*innen und neugierige Kreativköpfe.

Steckbrief: Radiosendungen mit Jugendlichen

Zielgruppe

Jugendliche

Vorbereitung und Vorwissen der Lehrperson

Es ist von großem Vorteil, den Alltag der redaktionellen Radioarbeit zu kennen, möglichst sozialpädagogische Ausbildung

Eingesetzte Medien

Audio

Hard- und Software

Radiostudios sind heute meist Selbstfahrerstudios, das heißt, dass eine Person die Moderation übernimmt und gleichzeitig die Technik bedient. In der aktiven Medienarbeit steht jedoch auch die Stärkung der sozialen Kompetenzen im Mittelpunkt, daher ist es von Vorteil, je einen Rechner für Musik und Beiträge zu haben.

Mischpult Finanziell weniger aufwendige Variante (bei fehlendem Studio)

  • PC mit Musikabspielprogramm
  • PC mit Audischnittsoftware (Audacity)
  • ein Headset
  • ein Handhold Audiorecorder (für wav oder mp3)

Räumlichkeiten

  • Studio: Zwei Produktionsräume mit genügend PCs und Audioschnittsoftware; mit Schallschutz ausgekleidet
  • Redaktionsraum mit ausreichend Stühlen Zeitlicher Rahmen
  • Ein Tag/Nachmittag in der Woche für Redaktionssitzung und anschließende Produktion der Sendung Zielgruppe/Alter/Gruppengröße
  • Jugendliche zwischen zwölf und 21 Jahren
  • Gruppengröße grundsätzlich nicht beschränkt, so lange Betreuung gewährleistet ist.
  • Bei einem langfristigen Projekt sind meist ohnehin nicht alle gleichzeitig da

Ziele

  • Artikulation
  • Medienanalyse und -kritik

Projektbeschreibung

Zu Beginn der Redaktionssitzung werden die Sendungsinhalte (Beiträge, die von den Jugendlichen der Redaktion selbst produziert werden) gemeinsam besprochen und die Aufgaben zur Sendungs­produktion verteilt. Diese umfassen die Technikbetreuung, die Moderation, die Nachrichten­redaktion, die eigenständige Erstellung eines Homepageartikels zur Sendung und die eigenständige Musikauswahl zur Sendung. Eine Orientierung bietet den Redakteurinnen und Redakteuren dabei der bereits vorbereitete Sendelaufplan, über dessen spontane Änderungen sich die Jugendlichen austauschen können. Dies zeigt bereits, dass die Arbeit an einer gemeinsamen Radiosendung das Kooperationsgefühl der Jugendlichen fordert und fördert und in einem zweiten Schritt in sehr großem Maße ihr Gemeinschaftsgefühl stärkt. Die Redakteurinnen und Redakteure identifizieren sich sehr sowohl mit der Sendung als auch mit der Gruppe im Allgemeinen.

Die aufwendigste Aufgabe hat die Moderationsgruppe, die meist als gemischtes Doppel besetzt ist, um die Stimmen gut voneinander unterscheiden zu können. Währenddessen sucht die Musikredaktion die Musik für die aktuelle Sendung heraus, die Technikgruppe bereitet die Jingles der Sendung vor und übt den Ablauf, die Homepage wird gestaltet und der Nachrichtenteil der Sendung produziert. Die Redakteurinnen und Redakteure, die nicht an der aktuellen Sendung beteiligt sind, bearbeiten neue gebaute Beiträge oder Interviews, die in einer der darauffolgenden Produktionen laufen werden. Die Aufgaben werden in jeder Woche immer wieder neu verteilt, wodurch den Jugendlichen ein umfassender Einblick in die Radioarbeit gegeben wird und sie die verschiedenen Positionen auch verstehen, die hinter dieser Arbeit stecken.

Sobald die Sendung inklusive Moderation, Musikredaktion, Nachrichten für die Sendung und Technikvorbereitung bereit ist, kann die Produktion beginnen. In der Regel findet dieser Schritt unter Livebedingungen statt. Das heißt, mit den an der Sendung beteiligten Redakteurinnen und Redakteuren wird die Sendung so durchgeführt, als würde die Sendung direkt ausgestrahlt werden. Die Technikgruppe fährt dabei die Jingles, die Beträge und die Musik ab und sorgt dafür, dass während der Musik und der Beiträge die Mikrofone nicht eingeschaltet sind. Die Moderationsgruppe kann diese Zeit nutzen, um nochmals die nachfolgende Moderationseinheit zu üben, um flüssig und authentisch zu sprechen.

Im Anschluss an die Aufzeichnung folgt die Postproduktion, in der Pannen und Versprecher entfernt werden, da die Sendung anschließend so gesendet wird. Die Themen der Jugendlichen, die in einer Magazinsendung zu hören sind, sollten zunächst offen sein. Die Kids jedoch direkt zu fragen, was sie interessiert, bringt oft nicht den gewünschten Effekt. Vielmehr ist es wichtig, ihnen zuzuhören, sie zu beobachten und ihnen dann ein Thema vorschlagen, das aufgrund der Beobachtungen und Gespräche passen könnte. Je nach Produktionsdruck sind intensive Gespräche möglich. Attraktive Angebote zur Beitragsbearbeitung können dabei Konzert- oder Kinobesuche sein, aber auch Buch- oder Plattenrezensionen. Allerdings sollte dabei sehr genau darauf geschaut werden, dass die jeweilige Rezension eine kritische Betrachtung des Produkts ist und eine Magazinsendung nicht nur aus dieser Form von Beiträgen besteht. Die Erstellung einer Jugendradiosendung eignet sich besonders, um Jugendlichen die Möglichkeit zu geben, sich selbst auszudrücken und somit Teil der Gesellschaft zu werden, da jeder einzelne Arbeitsschritt von ihnen gestaltet wird.

Varianten, Erweiterungen, Modulationen

Die Produktion einer Radiomagazinsendung kann auch einfacher gestaltet werden, sofern nicht der Anspruch besteht, das fertige Produkt über einen terrestrischen Sender auszustrahlen. Webradioanbieter gibt es zu verschiedenen Bedingungen in großem Umfang. Die technischen Voraussetzungen sind lediglich ein Headset, das an einen Computer angeschlossen ist, eine Audioschnitt­software und ein Audioaufnahmegerät für eine eventuelle Umfrage. Um die ersten Schritte in der medien­pädagogischen Audioarbeit zu probieren, kann die Projektgruppe auch mit dem Audio-Digital-Editor von Audacity arbeiten. Darüber hinaus sollte jedoch zumindest ein digitaler Audiorecorder für Straßenumfragen zur Verfügung stehen. Die Themenauswahl sollte den Jugendlichen überlassen werden. Nach einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem Thema erarbeiten sie drei offene Fragen, die sie mit dem Aufnahmegerät ausgerüstet auf der Straße stellen. Die fertigen Umfragen dienen als Beiträge der Magazinsendung, die von einer oder zwei Jugendlichen moderiert (gern auch hier wieder im gemischten Doppel) und dazu mit selbstgewählten Musiktiteln ansprechend gestaltet wird, sofern Musiktitel auf der Publikationsfläche auch möglich sind. Der Punkt Musik ist nicht nur den Jugendlichen sehr wichtig, sondern auch der GEMA. Durch deren Veröffentlichungsbestimmungen ist die Medienpädagogik an manchen Stellen etwas eingeschränkt, denn Musik darf nicht ohne weiteres im Internet veröffentlicht werden. Bitte erkundigen Sie sich genau, welche Publikationsmöglichkeiten Sie in Bezug auf die Musik auf der Webradioseite haben, die Sie sich für ihr Jugendradio aussuchen.

Schwierigkeiten

Dass die Sendung im regionalen Rundfunk auch gesendet wird, ist einerseits ein attraktiver Punkt des Projekts und gleichzeitig mit dem Druck verbunden, jede Woche ein fertiges Produkt zu produzieren. Somit ist es wichtig immer einige Beiträge im Voraus fertig zu produzieren, um eventuell einen geplanten Beitrag in eine andere Sendung verschieben zu können. Um den Überblick zu wahren, ist es hilfreich einen wöchentlichen Redaktions­plan zu erstellen, der gleichzeitig auch einen Ausblick auf die darauffolgenden Wochen gibt. Zum Senken des Produktionsdrucks, können Studiogäste eingeladen werden, die außerdem der jeweiligen Sendung einen eigenen thematischen Charakter verleihen. Die Jugendlichen sollten zwar so viel wie möglich selbst bestimmen, allerdings darf im Radio auch nicht alles gesagt werden, so dass Betreuende den journalistischen Kodex sowie die Richtlinien des Rundfunkgesetzes des jeweiligen Bundeslands kennen sollten, denn die Verantwortung liegt später nicht bei den Jugendlichen, sondern bei den Betreuerinnen und Betreuern. Um alle Redakteurinnen und Redakteure in die Sendungsproduktion einzubeziehen und bei größeren Redaktionsgruppen nicht den Überblick zu verlieren, hat es sich als sehr produktiv erwiesen, alle Redakteurinnen und Redakteure nochmals zu fragen, was sie im Anschluss machen.

Feedback

Freitags ab 14.00 Uhr können Jugendliche aus Nürnberg und Umgebung ins Medienzentrum Parabol kommen, um sich unter pädagogischer Anleitung journalistischer Radioarbeit zu nähern. Die Redaktion und die von ihr produzierte Sendung heißt Funkenflug. Der Funkenflug ist eine Magazinsendung, die kein klares Format besitzt und in der einfache Straßenumfragen neben aufwendig produzierten Beiträgen stehen wie Studiogespräche mit Gästen zu aktuellen Themen. Der Spirit des Projekts überträgt sich in alle Elemente des Magazins, die komplett von Jugendlichen produziert werden, selbst die Verpackungselemente sind durch die Produktionen von Jugendlichen entstanden.

Das Feedback der Jugendlichen ist überaus positiv. Sie kommen gern in die Redaktion und mögen auch die Radioarbeit im Funkenflug, denn hier haben sie auch die Möglichkeit ein Thema ganz anders als in der Schule zu ergründen. Vor allem ist es dann auch ein Thema, für das sie sich besonders interessieren.

Da das Projekt eher von jüngeren Jugendlichen zwischen 13 und 17 Jahren genutzt wird, ist es wichtig, das Projekt nicht nur mit einem Arbeitscharakter zu versehen, sondern auch gemeinsame Aktionen zu veranstalten. Diese Aktionen können sowohl im Rahmen der Radioarbeit stattfinden, wie die »Lange Funkenflugnacht«, bei der die Kids die Möglichkeit haben, eine Nacht lang live zu senden, als auch außerhalb der Studios in einem erlebnispädagogischen Rahmen stattfinden. Diese Aktionen kommen nicht nur gut bei den Teilnehmenden an, sondern fördern ihre Gruppenzugehörigkeit. Allerdings könnte sich durch eine Livesendeaktion auch der Wunsch entwickeln, öfter live »on air« zu sein. Hier liegt auch die mögliche Weiterentwicklung des Projekts, so oft wie möglich live zu senden. Jedoch scheitert dieser Wunsch im Moment an der Finanzierung des Projekts.

Sehr schnell findet seitens der Jugendlichen eine Identifikation mit der Redaktion statt, so dass auch ihr Anspruch steigt, eine gute Sendung zu produzieren. Die Redaktion bietet damit den Jugendlichen einen Raum, in dem sie sich sicher fühlen und ihre Kreativität im auditiven Rahmen ausleben können. Es ist eine Alternative zum ›Abhängen‹ und ein Lernraum, der gern genutzt wird. Durch die verschiedenen Aufgaben, die sich bei der Sendungsproduktion ergeben, können die Teilnehmenden des Weiteren ihre Stärken und Schwächen in verschiedenen Bereichen erfahren. Dies geschieht immer mit dem Anspruch gemeinsam ein gutes Produkt entstehen lassen zu wollen, so dass der Teamgeist im Projekt sehr groß geschrieben wird. Abhängig von der subjektiven Tagesform kann jede Redakteurin und jeder Redakteur selbst entscheiden, welche Aufgabe sie/er übernimmt, so dass sowohl Selbstreflexion und die eigene Flexibilität der Jugendlichen entscheidend gestärkt werden können, um schließlich ein möglichst positives Erlebnis am Ende des Redaktionstages zu haben. Dass die Möglichkeit, sich selbst ausdrücken zu können, gut ankommt, zeigt die Resonanz der Redaktion, die sich regelmäßig nach den Sommerferien vergrößert.

Einen sehr guten Einblick in die aktive Audioarbeit mit Kindern gibt das Buch »Junges Radio. Kinder und Jugendliche machen Radio« herausgegeben von Michael Bloech, Fabian Fiedler und Klaus Lutz, das alle Grundlagen (auch die rechtlichen) für die Jugendradioarbeit beinhaltet. Auch die Onlineplattform mediaculture-online.de ist ein guter Ratgeber in Fragen zur Produktion einer Radiomagazinsendung mit Jugendlichen. Dort sind auch Hörbeispiele zu den einzelnen journalistischen Darstellungsformen zu finden.

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