Menschenbild und Lernverständnis:
Die sechs lernrelevanten Faktoren sind eingebettet in vier basale Faktoren. Dabei geht es in erster Linie um Haltungen und Einstellungen – zu sich, zu anderen und zu den Dingen. Erfahren Sie hier mehr dazu.Menschenbild
Das Bild, das wir uns von Menschen machen, prägt, wie wir die Beziehungen zu anderen Menschen gestalten und wahrnehmen. Dieses innere Bild steuert auf unbewusste Weise das Verhalten. Das innere Bild findet seine Entsprechung im Umgang mit den Lernenden. Mit welchem Bild (und also auch mit welcher Haltung) tritt eine Lehrperson den Lernenden gegenüber? Welche Erwartungen knüpft sie an diese Begegnungen?
Schlüsselwort für die konstruktive und entspannte Zusammenarbeit heisst: Vertrauen. Wie sieht es eigentlich mit der Vertrauenskultur an Schulen aus?
Kontrolliert und misstrauisch beobachtet, muss sich der Lernende zu unkooperativem Verhalten geradezu ermutigt fühlen. Denn die inneren psychologischen Kosten eines schlechten Gewissens entfallen. Schon vor zweitausend Jahren hat Seneca dazu vermerkt: „Sie haben dem anderen durch Argwohn ein Recht gegeben, sich an ihnen zu versündigen.“ Oder anders gesagt: Je mehr Kontrollen, desto defizitärer ein System.
«Fehlt es an Vertrauen», stellt Reinhard Sprenger fest, «ist alles wie verhext. Dann bekommt die Beziehung gleichsam eine Minus vor die Klammer. Alles verkehrt sich ins Gegenteil.» Und an anderer Stelle: «Aufgrund unserer biologischen Prägung entwickelt sich der Mensch unter bestimmten Bedingungen, unter anderen kümmert er dahin. Alle psychologischen und soziologischen Fakten beweisen, dass der Mensch unter Vertrauensbedingungen aufblüht.» (Sprenger 2002)
Rollenverständnis
Lerncoaching zielt darauf ab, die lernrelevanten Faktoren im Hinblick auf den individuellen Erfolg möglichst günstig zu beeinflussen. Lerncoaches sind so gesehen ein mitgestaltendes Teilsystem. Und sie übernehmen damit einen spielbestimmenden Teil der Verantwortung. Nicht der «Stoff» steht dabei allein im Zentrum, sondern die Lernenden und ihr Lernen. Lerncoaching ist gleichsam eine unterstützende, Lernprozesse aktivierende und begleitende Tätigkeit. Die Aktivitäten – angefangen bei der Gestaltung einer inspirierenden Lernumgebung bis hin zu einer lösungsorientierten Interaktion – orientieren sich am Ziel, wirksame und nachhaltige Lernprozesse zu fördern. Oder eben: den Lernenden zum Erfolg zu verhelfen.
Schulische Lernarrangements gliedern sich grob in einen offenen Bereich (mit Lernteams oder Lernlandschaften), einen strukturierten Bereich mit Fachateliers und einen Wahlbereich. Die Lehrpersonen sind in diesen Bereichen in unterschiedlichen Rollen tätig.
In allen Bereich, insbesondere in den offenen Bereichen, ist die Rolle des Lerncoach zentral. Alle Lernenden haben eine direkte Bezugsperson, welche sie als dabei unterstützt, möglichst eigenverantwortlich und selbstkompetent zu lernen. Die Rolle des Lerncoach besteht darin, möglichst tragfähige professionelle Beziehungen mit den Lernenden einzugehen, individuell machbare Verbindlichkeiten zu vereinbaren und auch als Sparringpartner auch einzufordern (was für beide Seiten nicht immer nur bequem ist).
In den strukturierten Bereichen und den Wahlbereichen sind die fachlichen und fachdidaktischen Kompetenzen der Lehrpersonen gefragt. Hier geht es vorrangig darum, den Schülerinnen und Schülern Wege zu fachlichen Kompetenzen zu eröffnen.
In allen Bereichen sind die methodischen Kompetenzen der Lerncoaches gefordert. Dazu gehört ein breites Wissen über Lernprozesse wie auch ein grosses Repertoire an Methoden, Lernstrategien und Werkzeugen für selbstkompetentes Lernen.
Lernverständnis
«Erstes und letztes Ziel unserer Didaktik soll es sein, die Unterrichtsweise aufzuspüren und zu erkunden, bei welcher die Lehrer weniger zu lehren brauchen, die Schüler dennoch mehr lernen.» Comenius hat vor bald einem halben Jahrtausend formuliert, wie die Aufgaben zu verteilen sind. Lernen können nur die Lernenden. Denn Lernen ist ein Selbstgestaltungsprozess, eine Aktivität. Sie soll aus sich heraus Spass und Freude machen. Und: Lernen führt zu Ergebnissen. Sie sollen den Menschen helfen, ihr Leben erfolgreich gestalten zu können. Aktivität und Ergebnis beeinflussen sich gegenseitig.
Idealerweise, so Kurt Reusser, Professor am Erziehungswissenschaftlichen Institut der Universität Zürich, wird Lernen verstanden als «konstruktiver, kumulativer, problemorientierter, reflexiver, durch materiale und personale Ressourcen gestützter, selbstregulierter und selbstmotivierter Prozess». Und weiter: «Je (inter)aktiver, problemorientierter, selbstmotivierter Wissen erworben, konstruiert wird, desto besser wird es verstanden und behalten, desto beweglicher kann es beim Denken und Handeln genutzt werden und desto grösser ist der Beitrag zur Ausbildung von Lernstrategien.» Für Kurt Reusser ist deshalb klar: «Lernen muss ‹basic needs› befriedigen. Ein Unterricht, der die drei Grundmotive
- Kompetenz (Selbstwirksamkeit)
- Soziale Eingebundenheit (Respekt, Sicherheit, Unterstützung)
- Autonomie (selbstbestimmtes Handeln, aus freien Stücken)
auf Dauer unbefriedigt lässt, bewirkt wenig produktives und als subjektiv bedeutsam erlebtes Lernen.» (Reusser 2003)

Funktionsverständnis
Welche Funktion soll die Schule erfüllen. Welche Form ist geeignet, der Funktion Rechnung zu tragen. Wenn die Schule es sich beispielsweise auf die Fahne geschrieben hat, dass die Lernenden selbstständig und eigenverantwortlich arbeiten lernen sollen, muss sie sich die Frage stellen: Mit welchen Arrangements können wir das erreichen? Oder eben: Welche Form dient dieser Funktion?
Downloads: Texte
Lehrer und Psychologe, langjähriger Leiter des Instituts Beatenberg und Autor zahlreicher Publikationen über das Lernen (1950-2018)
Lehrer und Psychologe, langjähriger Leiter des Instituts Beatenberg und Autor zahlreicher Publikationen über das Lernen (1950-2018)
Lehrer und Psychologe, langjähriger Leiter des Instituts Beatenberg und Autor zahlreicher Publikationen über das Lernen (1950-2018)
Lehrer und Psychologe, langjähriger Leiter des Instituts Beatenberg und Autor zahlreicher Publikationen über das Lernen (1950-2018)